Julia Friese liest aus "MTTR" // tekst - Bühne für aktuelle Literatur
Im Rahmen der Literaturreihe "tekst" und der Ausstellung "IN WAVES #womenincovid" stellt Julia Friese ihren Debütroman "MTTR" vor. Ein Test im Büro bringt die Gewissheit: Teresa Borsig ist schwanger. Von der Idee einer Familie fühlt sie sich gleichzeitig angezogen und abgestoßen. Da sind die Erinnerungen an ihre Kindheit, an Distanz, Disziplin und Schläge. Kann man geben, was einem selber fehlt?
Das Gesundheitssystem nimmt die Schwangere auf wie einst die Eltern. Effizient. Kalt. Man will doch nur ihr Bestes. Und ihr Baby in einem Wärmebett isolieren. Wie hoch ist die Überlebenswahrscheinlichkeit ihres Säuglings? Ärzte und Schwestern sprechen über ihren Kopf hinweg. Teresa schreit. Sie solle sich mal nicht so wichtig nehmen, sagt das Krankenhaus.
In ihrem Roman »MTTR« schreibt Julia Friese über die Auswirkungen deutscher Nachkriegserziehung, erzählt die Unfähigkeit der Babyboomer, Gefühle zu zeigen, und wenn dann nur durch Ersatzhandlungen: Kauf, Korrektur und Sorge. Jeder Dialog ist eine Boshaftigkeit. Fast bemerkt man sie nicht, denn aktengraue Gefühlstemperatur und grobe Unbeholfenheit sind Alltag in Deutschland. Werden Millennials, wie Teresa, sie reproduzieren?
Julia Friese lebt in Berlin und arbeitet als freie Kulturjournalistin. Ihre Kolumne »gedanken zum gegenwärtig*innen« wurde 2021 mit dem International Music Journalism Award ausgezeichnet. »MTTR« ist ihr literarisches Debüt.
Moderation: Burcu Arslan
Beginn: 19:30 Uhr
Eintritt: 8 Euro / 5 Euro ermäßigt (mit KammerCard)
Mehr Infos zu „tekst“ unter www.arbeitnehmerkammer.de/tekst
Die Lesung von Julia Friese ist eine Begleitveranstaltung zur #womenincovid-Ausstellung
Julia Friese (Foto: privat)